77 Jahre - Portraits of Munich

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„Mir ist wichtig Ehrlichkeit und dass man Menschen mit Würde behandelt. Im Altenheim habe ich gesehen, wie gut die Wirkung eines lieben Wortes auf Menschen ist.“

„Ich bin in Österreich geboren und aufgewachsen. Mein Bruder und ich hatten ein gutes Elternhaus. Als junge Frau war ich ein halbes Jahr in Rom als Kindermädchen. Ich war gerade eine Woche zu Hause, da habe ich wieder meinen Koffer gepackt und bin nach Deutschland. Auf der ersten Arbeitsstelle lernte ich meinen Mann kennen und wir fuhren an den Bodensee. Dort haben wir geheiratet und ein Jahr später kam mein Sohn zur Welt. Wir waren beide 14 Jahre im Gastgewerbe am See.

Ich liebte es im Service zu arbeiten – besonders die Stoßzeiten. Ich habe alles im Kopf gerechnet. Einen Tag in der Woche hatte ich frei. Dieser Tag war für mich Erholung pur! Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, weil ich sehr gern mit Menschen zu tun habe. Man muss sich jeder Person und Situation erneut anpassen. Wegen der künstlerischen Tätigkeit liebte ich auch meinen zweiten Beruf als Floristin.

Wegen der vielen Arbeitsangebote bin ich später nach München. Auch weil meine Eltern wegen ihres Alters mich gebraucht haben. An meinen freien Tagen fuhr ich zu ihnen, habe eingekauft, gekocht, geputzt und was sonst noch anfiel. Meine Mutter wurde ein Pflegefall und ich musste meinen Vater entlasten. Später hat er selbst Hilfe gebraucht. Nach dem Tod meiner Eltern hab ich mich mit Tränen in den Augen beim Amt abgemeldet.

Inzwischen bin ich in Rente, habe Fibromyalgie, Asthma, Arthrose und den Zucker meiner Mutter. Da ich gerne aktiv bin, gehe ich für mich und andere einkaufen und helfe im Seniorenclub im ASZ aus: servieren, abräumen, Brotzeit richten und Küchenarbeit erledigen. Mir gefällt es hier, weil es viele Angebote gibt und ich gerne Kontakt zu Menschen habe. Deshalb bin ich auch gerne in meiner Wandergruppe. Mein Sohn und ich, wir wandern auch gemeinsam am Wochenende und verbringen zusammen seinen Urlaub.

Mir ist wichtig Ehrlichkeit und dass man Menschen mit Würde behandelt. Im Altenheim habe ich gesehen, wie gut die Wirkung eines lieben Wortes auf Menschen ist. Ich hoffe, dass ich nie ein Pflegefall werde und meinem Sohn nicht zur Last falle.“

Lieblingsort: Walchensee und Wallberg

Beruf: Rentnerin

Viertel: Münchner Norden