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„Wenn ich es schaffe, meine Freude an unserer Geschichte und unserer Kultur ein Stückchen anderen näher zu bringen, dann erfüllt mich das.“
„Mein Lebenslauf ist nicht gerade geradlinig und ich habe im Leben schon einiges erlebt. Gerade das letzte Jahr war wirklich nicht einfach. Aber ich kann von ganzem Herzen sagen: Ich liebe mein Leben. Das liegt sicher an meiner positiven Einstellung gegenüber Menschen und dem Leben an sich. Aber das liegt auch daran, dass ich den absoluten Traumjob für mich gefunden habe: Ich bin Stadtführerin und das aus voller Leidenschaft.
Wenn ich es schaffe, meine Freude an unserer Geschichte und unserer Kultur ein Stückchen anderen näherzubringen, dann erfüllt mich das. Besonders liebe ich, dass ich nicht nur meine Persönlichkeit ausleben kann – ich erzähle wirklich gerne und auch bei den Gewandungstouren als Kräuterhexe, als Nachtwächter oder als Halloween-Untote in andere Rollen zu schlüpfen, hat einen großen Reiz. Ich habe aber besonders Spaß daran, den Menschen etwas mitzugeben und ihnen eine gute Zeit zu bereiten.
Wenn mir nach einer Tour Schüler oder Schülerinnen sagen, dass die Zeit verflogen ist, oder dass sie noch mal in Ruhe weiter die Kirche ansehen wollen, dann habe ich alles richtig gemacht und das macht mich einfach glücklich. Und genauso ist es mir wichtig, in der Gedenkstätte Dachau der jüngeren Generation unsere Geschichte mitzugeben, damit wir sicherstellen können, dass sich bestimmte Dinge nicht wiederholen.
Ich mag es besonders, dass ich nicht nur Wissen vermitteln kann, sondern auch mit Menschen zu tun habe und jede Gruppe anders ist: mal ist es eine Seniorengruppe, mal eine Schulklasse, mal der Betriebsausflug oder eine Gruppe der freiwilligen Feuerwehr. Ich muss mich nicht nur auf jede Gruppe einstellen, sondern ich muss auch immer auf alles gefasst sein.
Die schönen Erlebnisse sind dann, wenn die ganze Gruppe im Biergarten für mich zu singen anfängt und die weniger schönen, wenn Betrunkene an meinen Kostümen zu zerren anfangen. Aber auch hier: Gott sei Dank kann ich es weglächeln und bin flexibel genug, um darauf zu reagieren. Dann wird schon mal aus der Tour über Huren und Hexen im Mittelalter eine Bier-Tour.
Natürlich ist es nicht immer einfach im Leben: gerade die letzten Jahre mit Corona haben mich immer wieder ins Grübeln gebracht, ob ich wieder zurück in den sicheren Job zur Bank gehen sollte. Zudem hatte ich auch letztes Jahr schwere gesundheitliche Probleme. Das will ich auch gar nicht schönreden – ganz im Gegenteil: ich finde es sogar wichtig, auch über die Schattenseiten des Lebens zu reden. Aber ich finde, diese Tiefs gehören zum Leben dazu, und man kann sie nutzen, um die Hochphasen wieder mehr zu schätzen.
Zum Schluss bleibt es doch die Kunst zu sagen: Vielleicht war es nicht immer schön, aber ich hab mein Leben geliebt.“
Stadtviertel: Kirchheim
Lieblingsort: St. Jakobsplatz
Beruf: Stadtführemrin